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Wie ein Aal zum König von Bad Honnef wurde

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Was macht man mit einem Kahn, der in einem alten Rhein-Arm liegt, der im Grunde nur noch Schrottwert hat, aber auch eine Historie,  der so etwas wie ein Wahrzeichen einer Kleinstadt wie Bad Honnef ist? Die Rede ist von „Aranka„, einem Aalschokker. Eine Idee muss man haben, eine engagierte Familie und Freunde dazu, die bereit sind, sich für die Idee ins Zeug zu legen. Die Idee: das Schiffchen vor dem Verkauf nach Holland zu retten, es zu restaurieren. Und wenn man so weit ist und das Geld dafür zusammen hat, viel Geld, dann ist der Weg nicht mehr weit zum Aalkönig von Bad Honnef. Es klingt fast wie im Märchen. Und es ist auch eine Geschichte, die zu unserer Republik und der sozialen Marktwirtschaft passt: Die Starken helfen den Schwachen. 500.000 Euro kamen in all den Jahren zusammen, Geld, das in die Jugendarbeit der Stadt fließt, der Gewalt-Prävention dient, Flüchtlingen bei der Integration hilft.

Aber beginnen wir mit „Aranka“. Der Aalschokker, ohne Motor oder Segel, hat eine lange Geschichte hinter sich. Erbaut wurde er in den Niederlanden 1917, also ein Jahr vor Ende des Ersten Weltkriegs. Das Boot ist 16 Meter lang, 5.60 Meter breit und wiegt 30 Tonnen, ist also kein Paddelboot. Die Angaben habe ich dem Aranka-Flyer entnommen, in dem es weiter heißt: „Das Schiff liegt im Strom vor Anker, seine Fischer werfen über Nacht große Fangnetze aus, die die ganze Tiefe des Flusses überspannen.“ Der Fischfang spielte damals am Rhein eine wichtige Rolle, Menschen lebten davon. Mit dem Aalschokker war „ein goldenes Handwerk verbunden“, gefangen wurden Aal, Lachs, Maifisch und Stör. Gefangen im Rhein. Diese Tradition sei belegt seit 1780, so ist es im Flyer zu lesen. In den 1980er Jahren wurde der berufsmäßige Fischfang auf dem Rhein eingestellt. Folge: zehn Jahre später sollte die „Aranka“ nach Holland verkauft werde. Und hier beginnt unsere Geschichte.

Die Aranka vor der Restaurierung

Der Krautkönig von Osnabrück

Der Bad Honnefer Kaufmann Helmut Klos wollte den Aalschokker in seiner Heimat halten, manche Kindheitserinnerung verknüpfte er mit dem Boot. Und zusammen mit dem Honnefer Kur- und Verkehrsverein gelang es, „Aranka“ mit Spenden aus der Bevölkerung und der NRW-Stiftung zu kaufen und zu restaurieren. Aus der Parole „Aranka über Wasser halten“ entstand der Verein Aranka. Friedhelm Ost erinnert sich an die Anfänge. Er hatte Erfahrungen gesammelt als „Krautkönig“ in der Nähe von Osnabrück. Es gab ja auch schon andere Könige im Rheinland, Schützenkönige, Weinköniginnen, Rosenköniginnen. So erfand er die Geschichte von den Mönchen auf Nonnenwerth, die Aale gefangen hätten, Nonnenwerth, das ist quasi nebenan. Die Idee war geboren, sie hatte nur einen kleinen Fehler: auf der Insel Nonnenwerth gab es Nonnen, aber keine Mönche. Seis drum. Was tut man nicht alles für einen guten Zweck?!

Vom Erlös des ersten Festes konnte man „Aranka“ in die Werft transportieren und dort richten lassen. Schon das zweite Aalkönigsfest brachte Gewinn und das Motto war geboren: „Aranka bringt Hilfe.“ Bis heute.

Hilfe, von der heute die Jugendarbeit in dieser kleinen, aber sehr schönen Stadt am Rheinufer,  unterhalb der Weinberge und des Drachenfels profitiert. Der erste Aalkönig wurde 2003 gekrönt:  Wolfgang Clement, damals Superminister für Wirtschaft und Arbeit im rot-grünen Kabinett des Bundeskanzlers Gerhard Schröder(SPD). Amtierender Aalkönig ist Andreas Pinkwart(FDP), NRW-Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie, der als erster König zwei Jahre regieren wird, da wegen der Corona-Pandemie der diesjährige Aalkönigs-Ball ausfällt.Dazwischen liegen die Königszeiten der Regenten und Regentinnen Lothar Späth, Konrad Beikircher, Friedrich Merz, Peer Steinbrück, Hans-Dietrich Genscher, Rudolf Seiters, Jean-Claude Juncker, Theo Waigel, Reinhard Kardinal Marx, Christian Lindner, Wolfgang Bosbach, Eckart von Hirschhausen, Rosi Mittermaier, Maybrit Illner und Malu Dreyer. Wahrlich königlicher Glanz umgab und umgibt die Welt des Aals am Rhein.

Die Aalkönige Malu Dreyer (2018) und Andreas Pinkwart (2019)

Spenden kommen ungekürzt an

In diesem Jahr also kein Aalkönigsfest. Aber damit die sozialen Projekte in der Stadt nicht gefährdet werden, die teils durch den Erlös des Festes finanziert werden, ließen sich die Macher des Aalkönigs in Bad Honnef um Friedhelm Ost, den die Leser des Blog-der-Republik von seinen Beiträgen über Wirtschaft, Arbeit und Soziales her bestens kennen, etwas Besonderes einfallen. Fabian Ost, der Sohn des früheren Kohl-Regierungssprechers, organisierte eine Aranka-Challenge. Inhalt: Laufen, radeln, rudern, wandern, musizieren für den guten Zweck. So kamen in kurzer Zeit über 10000 Euro zusammen. Ein sensationelles Ergebnis, es kamen Spenden von zehn bis über 1000 Euro zusammen, es spendierte der so genannte kleine Mann, es spendierte der Mittelständler, auch wenn die Kasse wegen Corona in diesem Jahr nicht so gefüllt ist wie sonst, es zahlte der mit dem kleinen und der mit dem etwas größeren Geldbeutel. Typisch Bad Honnef. Fabian Ost war begeistert: „Es zeigt sich, was erreicht werden kann, wenn viele an einem Strang ziehen.“ Und noch eins: Hier kommen die Spenden ungekürzt an, ohne Kosten für Bürokratie, Spesen oder Reisen.

Seit Jahren ist die „Aranka“ ein  bewegliches Denkmal, das man auch für kleine Feste, Hochzeiten nutzen kann-gegen eine Spende. Am Tag des Denkmals kann man mit einem kleinen Motorboot rüberfahren auf die „Aranka“ und kann sich anschauen, wie die Schiffer einst gelebt haben, wie eng es zuging unter Deck, in der Kajüte. Bilder an den Wänden geben einen Eindruck vom Leben mit und von dem Aal. Der Besuch lohnt sich, die Aranka liegt im Altrheintal unterhalb der alten Stahl-Brücke, die mit einem Betonmantel überzogen ist und die den Altrhein-Arm überspannt und zur Insel Grafenwerth führt.  Aranka ist ein ungarischer Mädchenname und bedeutet „Gold“. Was bitte niemanden verleiten möge, dort mit Gewalt einzusteigen. Er würde nur beschädigen, was eigentlich bewahrt werden muss.Ein Denkmal für alle.

500.000 Euro in 17 Jahren in einer Kleinstadt wie Bad Honnef. Ich nenne das einen „Wumms“.  Ich hoffe, Olaf Scholz wird mir das Plagiat nicht verübeln. Man muss nicht nach Berlin schauen, um zu sehen, was auf die Beine gestellt werden kann, wenn engagierte Bürgerinnen und Bürger zupacken. Zur Nachahmung empfohlen.

Alfons Pieper im Gespräch mit Friedhelm Ost und Erika Ost, die sich um das Denkmal und das kleine Museum auf der Aranka kümmert.

 


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